Die Thermik von Lebensmitteln

Das erste Kriterium bei chinesischen Arzneimitteln ist die Einstufung von Nahrungsmitteln nach der Temperaturwirkung im Körper. Ein auffallende Angewohnheit in unseren Breitengraden ist die Belastung mit zuviel kalten Nahrungsmitteln. Die chinesische Diätetik meint mit „kalt“ die abkühlende Wirkung des Nahrungsmittel auf den Organismus.

Aber nur teilweise hängt es davon ab, ob ein Getränk kalt getrunken oder ein Gemüse ungekocht gegessen wird. Mindestens ebenso wichtig ist die Temperaturcharakteristik des Nahrungsmittels an sich. Ein Pfefferminztee wird kühlen, auch wenn er heiß getrunken wird – im Gegensatz zu einem Fencheltee, der wärmend wirkt, auch wenn er nur lauwarm genossen wird. Ein Schnaps aus dem Kühlschrank kann sogar erhitzen.

Chinesische Mütter sind mehr als erstaunt darüber, dass westliche Mütter ihren Kindern im Winter Bananen und Tomaten geben, weil sie deutlich abkühlend wirken, besonders wenn sie roh verspeist werden. Beispielsweise kann man die Banane „yangisieren“, wenn sie mit Honig gebacken wird. Die Tomate erhält Yang-Qualität, wenn sie mit wärmenden Gewürzen wie Kräutern der Provence in Ofen gegrillt oder im Topf geschmort wird.

Heiß, warm, neutral, erfrischend, kalt

Die Chinesische Medizin teilt alle Nahrungsmittel in folgende thermische Wirkungen ein: heiß, warm, neutral, erfrischend und kalt. Kalte und heiße Nahrungsmittel sollten nur sparsam konsumiert werden. Im Winter erfahren schon allein aufgrund des saisonalen Angebotes die neutralen und warmen Gemüsesorten einen Schwerpunkt in der Küche. Auf kalte Nahrungsmittel kann im Winter ruhig verzichtet werden. Umgekehrt sollte man im Sommer nicht in die umgekehrte Richtung schwanken und etwa hauptsächlich kalte und erfrischende Gerichte essen. Wie in jeder anderen Jahreszeit empfiehlt sich Ausgewogenheit – gekochte neutrale, warme und erfrischende Speisen. Diese „drei mittleren thermischen Wirkungen“[1] garantieren das ganze Jahr über, dass „Qi und Säfte gleichzeitig aufgebaut werden und es nicht zu Kälte- oder Hitzezeichen kommt“.

[1] Quelle: Temelie/Trebuth (2006), S. 114

Heiße Nahrungsmittel

Zu dieser Gruppe zählen Nahrungsmittel, die den Organismus sehr stark erhitzen. Vernünftig und zum richtigen Zeitpunkt dosiert, haben sie gesundheitsfördernde, dynamisierende Wirkung. Im Übermaß konsumiert sind sie gesundheitsschädigend. Bei Symptomen, die mit Hitze und entzündlichen Prozessen im Körper einhergehen, müssen sie gemieden werden. Auch bei Schlafstörungen, Nachtschweiß, Nervosität, Blutmangel oder bei Klimakteriumsbeschwerden sind sie kontraproduktiv.

Auf einen Blick: Heisse Nahrungsmittel

Sehr scharfe Gewürze wie Chili und Zimt, Knoblauch, getrockneter Ingwer, Curry, Pfeffer, Nelke, Fenchel, Yogitee, Lamm, Ziegen- und Hirschfleisch, hochprozentiger Alkohol wie Schnaps.

Warme Nahrungsmittel

Warme Nahrungsmittel können rund um´s Jahr, besonders aber im Winter, Verwendung finden, denn sie stärken das Yang, erwärmen, stimulieren unsere Abwehrkräfte und dynamisieren, ohne Hitze zu erzeugen.

Auf einen Blick: Warme Nahrungsmittel

Fast alle getrockneten Kräuter, Beispiele hierfür: Curcuma, Oregano, Rosmarin, Thymian, Kümmel, Koriander, Kardamom; Ziegenmilch und -käse, Essig, Gemüse wie Zwiebeln, Lauch, Fenchel, Karotten, Süßkartoffeln, Kürbis, Lachs, Meeresfrüchte, Fleischsorten: Hirsch, Wachtel, Wildschwein, Gans, Fasan, Truthahn.

Neutrale Nahrungsmittel

Neutrale Lebensmittel symbolisieren die Mitte und auch Ausgewogenheit, denn keine der widerstreitenden Energie dominiert.

Es sind wirklich kostbaren, da nährenden Nahrungsmittel, die beide Wurzeln, das Yin und das Yang, erhöhen. Einerseits bauen sie Qi auf und geben Kraft, andererseits nähren sie die Säfte und das Blut. Dies trifft auf Vollkorngetreide, insbesondere Hirse und Mais, und auf Hülsenfrüchte zu. Die Kombination von Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten liefert bei vegetarischer Ernährungsweise notwendiges Eiweiß. Zu dem Argument, dass sie schwerverdaulich sind, erwähnt Temelie die chinesische Faustregel: „Alles, was „süß“ schmeckt, also Fleisch, Fisch, Ei, Getreide, Hülsenfrüchte, stärkehaltige Gemüse und Fett, ist nährend und schwerverdaulich – und alles, was hoch aromatisch schmeckt, also bitter, sauer, scharf und salzig, sorgt dafür, dass das süße Nährende gut verdaut wird. Damit hätten wir die Fünf Elemente beisammen.“

Auf einen Blick: Neutrale Nahrungsmittel

Eier, Kalb, Rind, Sesam, Mandeln, Haselnüsse, Pistazien, Hirse, Linsen, getrocknete Erbsen, Kohlsprossen, Butter, Milch, Obers, Ananas, Datteln, Feigen, Pflaumen.

Erfrischende (= kühle) Nahrungsmittel

Erfrischende Lebensmittel kann man grundsätzlich das ganze Jahr über essen. Im Winter sind sie eine Zugabe zu einer wärmenden Mahlzeit. Im Sommer, wenn hohe Temperaturen unserem Körper Wasser entziehen, können sie eine größere Gewichtung haben. Aber selbst an heißen Sommertagen sind gekochte erfischende Speisen, die kalt gegessen werden, bekömmlicher als rohes Gemüse – insbesondere für Kinder und ältere Menschen.

Auf einen Blick: Erfrischende Lebensmittel

Beeren, Zitrusfrüchte, unreifes Obst, alles süsse Obst außer Ananas, alle kaltgepressten Öle, Hase, Apfel, Auberginen, Zucchini, Paprika, Spargel, Kohlrabi, Karfiol, Brokkoli, Rettich, Reis, Getreide, viele Hülsenfrüchte wie Bohnen und Kichererbsen; Kräutertees wie Kamille,  Früchtetee, Pfefferminz

Kalte Nahrungsmittel

Kalte Nahrungsmittel schaffen im Sommer, bei innerer Hitze oder bei Yin-Mangel einen Ausgleich zu Klima oder innerem Zustand. Zu oft gegessen, schwächen sie das Qi oder die Yang-Wurzel. Eine Ausnahme bilden die Meeresalgen.

Auf einen Blick: Kalte Nahrungsmittel

Ente, Eisbergsalat, Endivie, Löwenzahnwurzel, Radicchio, Rhabarber Algen, Salz, Sojasauce, Mineralwasser, schwarzer Tee, Kaffee, die meisten Biersorten, Wassermelone, Bananen, Mango, Brot, Zucker